Auch wenn Vitamin D3 wichtig für ein funktionierendes Immunsystem ist und ein Vitamin-D3-Mangel die Anfälligkeit für virale Infektionen erhöhen kann, ist bisher nicht eindeutig bewiesen, ob der Biofaktor den Heilungsverlauf einer COVID-19-Erkrankung beschleunigen oder den Infektionsverlauf abmildern kann.
„Der Biofaktor Vitamin D3 stärkt die Immunabwehr, so dass der Körper für das Funktionieren des angeborenen und erworbenen Immunsystems auf eine ausreichende Vitamin-D3-Versorgung angewiesen ist“, betont Prof. Hans Georg Classen, Vorsitzender der Gesellschaft für Biofaktoren (GfB).
Bereits 2017 – lange vor der Corona-Pandemie – konnte eine Auswertung von 25 wissenschaftlichen Studien an über 11.000 Studienteilnehmern nachweisen, dass eine Vitamin-D3-Supplementierung vor akuten viralen Atemwegsinfekten schützen kann.1 Auswirkungen einer Vitamin-D3-Gabe auf das neuartige Coronavirus wurden in dieser Untersuchung natürlich nicht berücksichtigt. Zudem profitierten insbesondere Menschen mit einem nachgewiesenen Vitamin-D3-Mangel von der Supplementierung. Allerdings ist ein Vitamin-D3-Mangel gar nicht selten: Knapp 62% der Bevölkerung sind nicht ausreichend mit Vitamin D3 versorgt.2
Vitamin D3 und COVID-19: Studienlage nicht eindeutig
Auch wenn also belegt ist, das der Biofaktor Vitamin D3 wichtig für ein funktionierendes Immunsystem ist und ein Mangel das Risiko für Virusinfektionen erhöhen kann, widersprechen sich die bisher publizierten Studienergebnisse im Hinblick auf den Nutzen von Vitamin D3 bei COVID-19.
Im August dieses Jahres ist eine aktuelle Publikation mit einer Auswertung von 30 Studien publiziert worden, die Hinweise auf eine mögliche Korrelation zwischen einem Vitamin-D3-Mangel und einem erhöhten Risiko für eine COVID-19-Infektion zeigt. Die Vitamin-D3-Versorgung könnte aufgrund seiner positiven Wirkungen auf Immunsystem und Entzündungsprozesse auch beim Verlauf der COVID-19-Erkrankung eine Rolle spielen. Um Missverständnisse zu vermeiden, betont der Autor dieses Reviews, Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski von der Universität Stuttgart-Hohenheim allerdings, dass der Biofaktor Vitamin D3 kein Medikament sei, mit dem man COVID-19-Erkrankungen heilen kann, man könnte aber positiv auf den Krankheitsverlauf einwirken, indem der Körper unterstützt wird, das Gleichgewicht zwischen pro- und anti-entzündlichen Prozessen zu halten.3
Auch andere Studien zeigten, dass COVID-19-Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf häufiger unter Vitamin-D3-Mangel leiden als weniger schwerkranke Patienten. Beispielsweise war in einer Untersuchung an 91 Studienteilnehmern, deren Sars-CoV-2-Infektion symptomfrei verlief, nur ein Drittel mit Vitamin D3 unterversorgt, während bei 61 von 63 Infizierten auf Intensivstation ein Vitamin-D3-Mangel diagnostiziert wurde.4 Es sind jedoch auch Untersuchungen bekannt, in denen es keine Korrelation zwischen Vitamin-D3-Status und Krankheitsschwere einer COVID-19-Infektion gab.5
„Generell sollten Ergebnisse, bei denen nicht dokumentiert ist, wie der Vitamin-D3-Status vor der Erkrankung war, kritisch bewertet werden“, betonte Prof. Classen von der GfB. Ein Vitamin-D3-Mangel kann auch Folge einer COVID-19-Infektion sein, da Vitamin-D3-Spiegel bei starken Immunreaktionen absinken. Eine spanische Studie an 80 COVID-19-Patienten hat Vitamin-D3-Blutwerte vor der Erkrankung berücksichtigt und zeigen können, dass ein vorbestehender Vitamin-D3-Mangel – nach Anpassung an Alter, Übergewicht, Herz- und Nierenerkrankungen – das Risiko für einen schweren Infektionsverlauf erhöhen kann.6
Fazit der Gesellschaft für Biofaktoren
Bei den hier zitierten Studien handelt es sich um reine Beobachtungsstudien. Ergebnisse solcher Studien sollten vorsichtig bewertet werden, da Menschen mit ausreichendem Vitamin-D3-Status möglicherweise insgesamt eine gesündere Lebensweise führen, die sich in Summe auf die Schwere einer COVID-19-Infektion auswirken könnte. „Interventionsstudien sind interessant, in denen die Auswirkung einer Vitamin-D3-Supplementierung auf den Verlauf einer COVID-19-Infektion untersucht wird“, so Prof. Classen. Allerdings sollte aufgrund der positiven Wirkungen des Biofaktors auf das Immunsystem generell ein Vitamin-D3-Mangel vermieden und durch eine gezielte Supplementierung ausgeglichen werden.
Weitere Informationen zu Vitamin D3 und anderen Biofaktoren finden Sie hier.
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Literatur:
- Martineau AR et al.: Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data. BMJ 2017 Feb, 15: 356 ff
- Rabenberg M et al.: Journal of Health Monitoring 2016, 1(2). Robert Koch-Institut, Berlin. DOI 10.17886/RKI-GBE-2016-036 www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_2016_02_ernaehrung.html
- Biesalski HK: Vitamin D deficiency and co-morbidities in COVID-19 patients – A fatal relationship? NFS Journal 2020 Aug, 20: 10-21
- Jain A et al.: Analysis of vitamin D level among asymptomatic and critically ill COVID-19 patients and its correlation with inflammatory markers. Scientific Reports volume 10, Article number: 20191 (2020). Published: 19 November 2020
- Walk J et al.: Vitamin D – contrary to vitamin K – does not associate with clinical outcome in hospitalized COVID-19 patients. DOI: doi.org/10.1101/2020.11.07.20227512.
- Macaya F et al.: Interaction between age and vitamin D deficiency in severe COVID-19 infection. Nutrition Hospitalaria, 2020 Oct, 37(5): 1039-1042