Vitamin-D3-Mangel erhöht Sterblichkeitsrisiko

Ein Vitamin-D3-Defizit ist mit einer erhöhten Gesamtsterblichkeit verbunden und erhöht auch das Risiko, vorzeitig an Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs oder Atemwegserkrankungen zu sterben – so das Ergebnis einer Mendelschen Randomisierung, die im Oktober 2022 veröffentlicht wurde.

Ein Forscherteam vom South Australian Health and Medical Research Institute in Adelaide hat Daten von über 300.000 Probanden genetisch untersucht.1 Die Analyse in Form einer Mendelschen Randomisierung zeigte, dass die Teilnehmer mit einem Calcidiol- bzw. 25(OH)D3-Spiegel unter 50 nmol/l ein erhöhtes Sterberisiko hatten. Probanden mit einem 25(OH)D3-Serumwert unter 25 nmol/l wiesen eine um 25 % höhere Mortalität im Vergleich zu Probanden mit einem Calcidiolwert von 50 nmol/l auf. Und bei einem 25(OH)D3-Spiegel von unter 10 nmol/l, der einem extremen Vitamin-D3-Mangel entspricht, war die Gesamtmortalität sogar um den Faktor 6 erhöht. Vergleichbare Ergebnisse wurden auch in Analysen zur erhöhten Sterblichkeit aufgrund von Krebs, kardiovaskulären Erkrankungen und Atemwegserkrankungen gefunden.

Warum eine Mendelsche Randomisierung?
Epidemiologische Studien können nicht eindeutig beweisen, ob es sich bei dem zu untersuchenden Aspekt um eine Assoziation oder eine echte Kausalität handelt. „Leider sind epidemiologische Beobachtungsstudien in ihrer Fähigkeit, solche kausalen Zusammenhänge zuverlässig zu identifizieren, begrenzt, was sich in vielen Fällen widerspiegelt, in denen herkömmliche epidemiologische Studien anscheinend Zusammenhänge identifiziert haben, die randomisierte kontrollierte Studien nicht verifizieren konnten. Die Verwendung genetischer Varianten … kann zur Stärkung der kausalen Inferenz beitragen,“ so das Statement in einem Review zur Mendelschen Randomisierung.2

Vitamin D3 und Mortalität – was ist der Vorteil der Mendelschen Randomisierung?
Der Biofaktor wird zu 80 bis 90 % über die Haut unter dem Einfluss von UV-Strahlung gebildet, nur ein geringer Teil wird aus der Nahrung aufgenommen.3 Allein dieser Aspekt würde bei einem epidemiologischen Studiendesign eine Rolle spielen. Im Falle einer rein epidemiologischen Untersuchung, ob ein Vitamin-D3-Mangel die Sterblichkeit erhöht, müssen Störfaktoren wie die individuelle Lebensweise mit viel Bewegung im Freien bzw. Immobilität und dadurch bedingt geringerer Aufenthalt im Freien aufgrund einer schweren Erkrankung mit Todesfolge berücksichtigt werden. In diesem Fall wäre die Erkrankung und nicht der Vitamin-D3-Mangel für die erhöhte Mortalität verantwortlich.
Eine Mendelsche Randomisierung hingegen soll diese Schwächen im Studiendesign ausgleichen. In der anfangs zitierten Untersuchung aus Adelaide wurden mit Hilfe von Blutuntersuchungen von Proben der UK Biobank, einer groß angelegten britischen Kohortenstudie, insgesamt 35 genetische Risikofaktoren für einen Vitamin-D3-Mangel ermittelt. Diese genetischen Risikofaktoren sind mit Hilfe einer Mendelschen Randomisierung gleich verteilt, also randomisiert und die Aussagen mit denen einer placebokontrollierten Studie vergleichbar, was die positiven Ergebnisse unterstreicht.

Wie wird ein Vitamin-D3-Mangel nachgewiesen?4
Um Hinweise auf die Vitamin-D3-Versorgung zu erhalten, wird nicht der Vitamin-D3-Serumspiegel gemessen. Dieser gibt nur die Vitamin-D3-Aufnahme von einigen Tagen wieder. Um die längerfristige Versorgung mit dem Biofaktor zu kontrollieren, wird die Speicherform Calcidiol (= 25(OH)D3) gemessen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die WHO, das RKI und auch die US-Gesundheitsorganisation Institute of Medicine benennen als unteren Calcidiol-Grenzwert 50 nmol/l bzw. 20 ng/ml. Nach dieser Richtlinie gilt die Vitamin-D3-Versorgung als gesichert, wenn die Serumkonzentration des Calcidiols oberhalb von 50 nmol/l bzw. 20 ng/ml liegt.

Vitamin-D3-Supplementierung – was gilt es zu beachten?
„Die Studie unterstreicht die Notwendigkeit, einen „echten“ Vitamin-D3-Mangel zu behandeln. Bei 25(OH)D3-Spiegeln von über 50 nmol/l war kein Einfluss auf das Mortalitätsrisiko mehr erkennbar“, so Fazit und Empfehlung der Forscher aus Adelaide.
Auch Prof. Hans Georg Classen, Vorsitzender der Gesellschaft für Biofaktoren e. V. (GfB) hält eine regelhafte Vitamin-D3-Supplementierung ohne labordiagnostischen Nachweis eines Mangels für falsch. Auch andere wissenschaftliche Studien zeigen eindeutig, dass vor allem Menschen mit nachgewiesenem Vitamin-D3-Mangel von den positiven Effekten des Biofaktors profitieren. „Daher – und aus Gründen der Erstattungsfähigkeit – empfiehlt sich eine sorgfältige Analytik und eine Supplementierung nur gezielt nach nachgewiesenem Vitamin-D3-Mangel“, so der Mediziner Classen.
In der täglichen Patientenbetreuung sollte zudem aufgrund der auch in der Tagespresse oft erwähnten positiven Effekte des Biofaktors Vitamin D3 auf die Entwicklung von Tumorerkrankungen auf einen weiteren Aspekt aufmerksam gemacht werden. „Eine übermäßige Sonnenexposition ist aufgrund des erhöhten Hautkrebsrisikos eindeutig der falsche Weg, um seinen Vitamin-D3-Status zu verbessern“, warnt der Arzt für Pharmakologie und Toxikologie Prof. Classen. Bei einem nachgewiesenen Mangel empfiehlt sich stattdessen eine gezielte Supplementierung mit dem Biofaktor, möglichst unter weiterer labordiagnostischer Kontrolle.
„Zur Supplementierung werden 800 bis 1.000 IE Vitamin D3 empfohlen, bei anhaltendem Mangel oder Patienten mit Resorptionsstörungen sind mitunter höhere Vitamin-D3-Dosen bis 4.000 IE zur Zielwerterreichung nötig“, empfiehlt Prof. Stefan Pilz, Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Stoffwechsel an der Medizinischen Universität Graz und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der GfB.

Weitere Informationen zu Vitamin D3 und anderen Biofaktoren finden Sie hier.

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Literatur:

  1. Sutherland JP et al.: Vitamin D Deficiency increases mortality risko in the OK Biobank. Annals of Internal Medicine 2022, doi.org/10.7326/M21-3324
  2. Smith GD: Mendelian randomization for strengthening causal inference in observational studies: Application to Gene × Environment Interactions. Perspect Psychol Sci 2010 Sep; 5(5): 527-545
  3. Wacker M et al.: Sunlight and Vitamin D: A global perspective for health. Dermato-Endocrinology 2013; 5(1): 51-108
  4. Holick MF: Bioavailability of Vitamin D and its metabolites in black and white adults. In: New England Journal of Medicine. Band 369, Ausgabe 21 vom 21. November 2013; S. 2047–2048