Das Auftreten von Long-COVID ist mit einem Vitamin-D3-Mangel verknüpft – so die Ergebnisse einer retrospektiven Studie an Covid-19-Überlebenden, die kürzlich im Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism publiziert wurde. Besonders niedrig waren die Werte bei Betroffenen mit neurokognitiven Symptomen.
In einer italienischen Studie wurde der Vitamin-D3-Status von 100 Probanden untersucht – die Hälfte mit und die andere Hälfte ohne Entwicklung von Long-Covid-Symptomen. Die Definition von Long-COVID entsprach der Leitlinienempfehlung des britischen National Institute for Health and Care Excellence als „gesundheitliche Beschwerden, die jenseits der akuten Krankheitsphase einer SARS-CoV-2-Infektion von vier Wochen fortbestehen oder neu auftreten“.
Laut Autoren der Studien wiesen COVID-19-Überlebende mit Long-COVID signifikant niedrigere 25(OH)-Vitamin-D3-Serumspiegel im Vergleich zu Patienten ohne Long-COVID auf. Es fanden sich besonders niedrige 25(OH)D3-Werte bei Vorliegen von neurokognitiven Beschwerden. Zudem erwiesen sich niedrigere 25(OH)-Vitamin-D3-Spiegel bei der Nachuntersuchung der Betroffenen als einzige Variable, die signifikant mit Long-COVID assoziiert war.1 Die Wissenschaftler empfahlen, den Vitamin-D3-Status bei COVID-Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus regelhaft zu überprüfen und den potentiellen Nutzen einer Vitamin-D3-Supplementierung als Prävention vor Long-COVID zu testen.
Wann besteht ein Vitamin-D3-Mangel?
Die Bestimmung des Vitamin-D3-Serumspiegels reflektiert lediglich die Vitamin-D3-Aufnahme – alimentär und über die Haut – der letzten Tage. Um einen Hinweis auf die längerfristige Vitamin-D3-Versorgung zu erhalten, wird – wie auch in der hier zitierten Studie – der 25-OH-Vitamin-D3-Spiegel – das Calcidiol – mit einer Halbwertszeit von ein bis zwei Monaten untersucht.
Der Calcidiol-Referenzwert wird allerdings nach wie vor kontrovers diskutiert. Das Robert Koch-Institut verwendet in Überstimmung mit der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der WHO die international häufig genutzte Klassifikation des US-amerikanischen Institute of Medicine (IOM). Hiernach gilt als unterer Referenzwert ein Calcidiolspiegel von 50 nmol/l bzw. 20 ng/ml. Die Vitamin-D3-Versorgung gilt nach dieser Klassifikation als gesichert, wenn die Serumkonzentration der Speicherform Calcidiol über 50 nmol/l bzw. 20 ng/ml liegt.
In einem Expertenkonsens von 2022, zu dem auch Prof. Stefan Pilz, Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Gesellschaft für Biofaktoren e. V. (GfB) gehört, wurden im Gegensatz zu der oben zitierten Klassifikation etwas höhere Referenzbereiche empfohlen. Danach sollte der untere Calcidiol-Referenzwert bei 75 nmol/l bzw. 30 ng/ml liegen.2,3
Vitamin-D3-Mangel – wie wird supplementiert?
„Eine Supplementierung sehr hoher Vitamin-D3-Dosen im Bereich von mehreren Zehntausend internationalen Einheiten, also sogenannte Bolusgaben, ohne Laborkontrolle ist fahrlässig“, warnt Prof. Hans Georg Classen, Vorsitzender der GfB. Vitamin D3 ist ein lipidlösliches Vitamin, eine Hypervitaminose D daher nicht auszuschließen. Die Europäische Lebensmittelbehörde hat für Erwachsene und Kinder ab 11 Jahren die tägliche Aufnahme von 100 µg bzw. 4.000 IE Vitamin D3 als sogenannten Tolerable Upper Intake Level festgesetzt.4 Um eine rasche Korrektur eines Vitamin-D3-Mangels zu erreichen, können in den ersten vier bis 12 Behandlungswochen höhere Vitamin-D3-Dosen bis zu 6.000 IE pro Tag eingesetzt werden – so die Empfehlungen des oben zitierten Expertenkonsens.
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Lesen Sie auch das Review:
J. Frank, K. Kisters, OA. Stirban, S. Lorkowski, M. Wallert, S. Egert, MC. Podszun, JA. Pettersen, S. Venturelli, HG. Classen, J. Golombek.:
The role of biofactors in the prevention and treatment of age-related diseases. Biofactors 2021; 47: 522-550
https://iubmb.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/biof.1728
Literatur
(1) Filippo L et al.: Low vitamin D levels are associated with Long COVID syndrome in COVID-19 survivors. J Clin Endocrinol Metab 2023 Apr 13; dgad207
(2) www.gf-biofaktoren.de/diagnose/uebersicht-zur-labordiagnostik/
(3) Pludowski P et al.: Clinical Practice in the Prevention, Diagnosis and Treatment of Vitamin D Deficiency: A Central and Eastern European Expert Consensus Statement. Nutrients 2022 Apr 2; 14(7):1483
(4) European Food Safety Authority (EFSA): Scientific opinion on the tolerable upper intake level of vitamin D. EFSA Journal 2012; 10 (7): 2813