Bei diabetischer Neuropathie Vitamin-B1-Mangel ausgleichen

Um in den Prozess der diabetischen Neuropathie einzugreifen, ist neben einer verbesserten Stoffwechseleinstellung und dem Verzicht auf nervenschädigende Risikofaktoren wie Alkoholabusus und Rauchen auch an eine ausreichende Versorgung mit dem Biofaktor Vitamin B1 zu denken.

Der aktive Metabolit von Vitamin B1 (Thiamin), das Thiamindiphosphat, wird unter anderem direkt in den peripheren Nervenzellen synthetisiert und wirkt dort als Coenzym im Kohlenhydratstoffwechsel. Besonders wichtig ist Thiamin als Cofaktor für das Enzym Transketolase, das im Pentosephosphatweg eine zentrale Rolle spielt. Dieser Stoffwechselweg erzeugt NADPH, das für die antioxidative Abwehr gegen Zellschäden erforderlich ist. Ein Mangel an Thiamin reduziert die Aktivität der Transketolase, was zu einem verringerten NADPH-Spiegel führt und den oxidativen Stress erhöht. Ein hoher oxidativer Stress fördert wiederum die Bildung von AGEs (advanced glycation end-products).

Bei Hyperglykämie steigt der Bedarf an Vitamin B1. Zudem kann es bei Patienten mit Diabetes mellitus aufgrund der Krankheit selbst zu einem bis zu vierfach erhöhten renalen Verlust des Biofaktors kommen.1 Zudem muss berücksichtigt werden, dass der Körper nur geringe Mengen des wasserlöslichen Vitamins speichern kann und das nur für kurze Zeit. Dies kann das erhöhte Risiko für Neuropathien aufgrund der Hyperglykämie weiter verstärken.

Benfotiamin versus Thiamin

Thiamin wird im Körper sowohl aktiv als auch passiv transportiert, abhängig vom Konzentrationsgradienten. Die Aufnahme von Thiamin aus dem Dünndarm in die Enterozyten erfolgt hauptsächlich aktiv, das heißt unter Energieaufwand. Dabei wird Thiamin durch spezielle Transporter gegen den Konzentrationsgradienten in die Zellen transportiert. Diese Transporter nutzen ATP, um Thiamin in die Enterozyten zu befördern.

Ist die Thiaminkonzentration in den Zellen höher als im Darm, kann Thiamin auch passiv aufgenommen werden. Dieser Prozess erfordert keine Energie, sondern erfolgt durch Diffusion über Transportproteine, die Thiamin entsprechend dem Konzentrationsgradienten in die Zellen einschleusen. Dabei wird jedoch nur eine geringere Menge aufgenommen.

Um diesem Umstand entgegenzuwirken, wird oft Benfotiamin, eine lipidlösliche Vorstufe von Thiamin, verwendet. Benfotiamin hat eine fünfmal höhere Bioverfügbarkeit als Thiamin und kann direkt ins Blut aufgenommen werden, wo es anschließend in die Zellen der entsprechenden Organe gelangt – auch ohne die Notwendigkeit eines Transporters. Im Vergleich dazu steigern äquimolare Mengen an Thiamin die Aktivität der Transketolase um etwa 20 %, während Benfotiamin die Aktivität um bis zu 400 % erhöhen kann.2,3

Durch die gezielte Supplementierung mit Benfotiamin lässt sich ein Thiaminmangel, der Nervenschäden verursachen kann, ausgleichen. Zudem wird die Aktivierung der Thiamin-abhängigen Transketolase gefördert, wodurch pathogene Stoffwechselwege gehemmt werden. Auf diese Weise kann Benfotiamin zelltoxischen metabolischen Veränderungen entgegenwirken und Symptome einer Neuropathie lindern.4,5

Der labordiagnostische Nachweis eines Vitamin-B1-Mangels kann sich als schwierig erweisen. Bei Verdacht auf einen Mangel empfiehlt sich daher ein Therapieversuch mit oral verabreichtem Vitamin B1 in Form von Benfotiamin. Verschiedene randomisierte Studien prüften unterschiedliche Tagesdosen, und die optimale Dosis wurde bei zweimal täglich 300 mg Benfotiamin angegeben.6

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Besteht der Verdacht, dass Sie oder Ihre Patienten unter einem Mangel an ausgewählten Biofaktoren leiden? Machen Sie den Biofaktoren-Check und finden Sie Ihr persönliches Risiko heraus.

 

Literatur:


(1) Thornalley PJ et al.: High prevalence of low plasma thiamine concentration in diabetes linked to a marker of vascular disease. Diabetologia 2007 Oct; 50(10): 2164-2170

(2) Schreeb KH et al.: Comparative bioavailability of two vitamin B1 preparations: benfotiamine and thiamine mononitrate. Eur J Clin Pharmacol 1997; 52(4): 319-320

(3) Loew D: Pharmacokinetics of thiamine derivatives especially of benfotiamine. Inter J of Clin Pharm and Ther 1996; 34(2): 47-50

(4) Stirban A: Therapie der diabetischen Neuropathie. 27. Kongress der Föderation der Internationalen Donau-Symposia über Diabetes mellitus. Diabetes-Congress-Report 2013; 2: 4-10

(5) Raj V et al.: Therapeutic potential of benfotiamine and its molecular targets. Eur Rev Med Pharmacol Sci 2018; 22: 3261-3273

(6) Ziegler D et al.: Current concepts in the management of diabetic polyneuropathy. J Diabetes Investig 2021 Apr; 12(4): 464-475