Welche Funktionen haben Biofaktoren bei ADHS?

ADHS gehört zur Gruppe der Verhaltens- und emotionalen Störungen, die in Kindheit und Jugend beginnen und gehört zu den häufigsten neuropsychiatrischen Entwicklungsstörungen. Kernsymptome sind Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität und Impulsivität; zu den Nebensymptomen zählen Desorganisation und Gefühls- und Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen oder Aggressivität und eine verminderte Stressresistenz.

Bei ADHS an die Vitamin-D3-Versorgung denken

Laut Studienlage, nicht zuletzt auch aus Meta-Analysen, gibt es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Vitamin-D3-Mangel und ADHS.1 Auch Interventionsstudien, in denen Kinder und Jugendliche mit ADHS oral verabreichte Vitamin-D3-Supplemente erhielten, zeigen vielversprechende Ergebnisse.2,3 Zudem konnte der Nutzen des Biofaktors als Zusatztherapie zu Methylphenidat gezeigt werden.4

„Zur Supplementierung und Ausgleich eines Vitamin-D3-Mangels werden 800 bis 1.000 IE Vitamin D3 pro Tag empfohlen. Bei anhaltendem Mangel, adipösen Patienten oder Patienten mit chronischen Resorptionsstörungen sind gelegentlich höhere Vitamin-D3-Tagesdosen bis 4.000 IE nötig, um eine 25-Hydroxy-Vitamin-D3-Serumkonzentration oberhalb 50 nmol/l zu erreichen“, so Prof. Stefan Pilz, Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie der Medizinischen Universität Graz und Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der GfB.

ADHS und Magnesiummangel ähneln sich

Der Biofaktor Magnesium spielt eine Rolle bei zahlreichen Stoffwechselvorgängen, so auch im Gehirn, wo Magnesium unter anderem an der Synthese der Neurotransmitter Dopamin und Serotonin beteiligt ist und die Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin dämpft. Ein Magnesiumdefizit kann daher ein breites Spektrum an neurologischen und psychiatrischen Beschwerden nach sich ziehen. Die Spanne reicht von unspezifischen Symptomen wie Übererregbarkeit, Nervosität und Konzentrations- und Leistungsschwäche bis hin zu geistigen Leistungseinbußen und Demenz.Das Krankheitsbild eines Magnesiummangels zeigt demnach ein umfangreiches Symptomen-Overlapping zur ADHS. Die bereits erwähnten Kern- und Nebensymptome der ADHS finden sich ebenso im Magnesiummangel.5 Folgende Verhaltensauffälligkeiten zählen sowohl zum Beschwerdebild einer ADHS, als auch zu den Symptomen eines Magnesiumdefizits:

  • Motorische Unruhe, erhöhte Erregbarkeit und Hyperaktivität
  • Schlafstörungen
  • Konzentrationsschwäche, Unaufmerksamkeit und Vergesslichkeit
  • Geringe Ausdauer und schnelle Ermüdbarkeit
  • Ängste, Depressionen, reizbares und aggressives Verhalten

Was zeigen Studien zu Magnesium und ADHS?

Zum einen ist die umgekehrte Korrelation zwischen Serummagnesiumspiegel und ADHS-Symptomatik gut dokumentiert.6 Zudem gibt es Hinweise aus Interventionsstudien, dass sich eine Magnesiumsupplementation positiv auf das Verhalten und die psychische Gesundheit von Kindern mit ADHS auswirken kann.Vergleiche von ADHS-Patienten mit und ohne Magnesiumtherapie zeigen einen therapeutischen Benefit durch den Biofaktor. Es lohnt sich daher, bei einem Kind mit ADHS-Diagnose auf den Magnesiumstatus zu achten. Denn ein bestehendes Defizit auszugleichen, ist einfach und verursacht im Gegensatz zu den gängigen ADHS-Medikamenten keine Nebenwirkungen. Auch wenn ein Kind bereits mit Methylphenidat oder anderen Arzneimitteln behandelt wird, kann eine add-on-Therapie mit Magnesium einen Zusatznutzen bewirken oder bestenfalls sogar zu einer Senkung der Medikamentendosis führen. Als Tagesdosis empfehlen sich 6 mg Magnesium pro kg Körpergewicht, vereinzelt sind höhere Tagesdosen nötig.

Welche Rolle spielt Zink bei ADHS?

Zink übt eine entscheidende Funktion bei der Regulierung der neuronalen Transmission aus und eine Störung der neuronalen Transmission wiederum kann zu Symptomen wie Nervosität, Gedächtnisstörungen und motorischer Unruhe führen, alles Symptome, die auch bei ADHS auftreten. Weitere bekannte ADHS-Symptome eines Zinkdefizits sind Aufmerksamkeit- und Konzentrationsstörungen, Lernschwäche und Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen. Studien konnten nachweisen, dass Kinder und Jugendliche mit ADHS erniedrigte Serumzinkkonzentrationen im Vergleich zu gesunden Kindern aufwiesen.8Zink ergänzend zu Methylphenidat konnte zudem in gut designten Studien einen zusätzlichen positiven Nutzen zeigen.9

Empfehlung für die Praxis

In der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung empfiehlt es sich, neben der schulmedizinischen Psychopharmaka-Therapie und einer psychotherapeutischen Betreuung auch an die Versorgung mit den essentiellen Biofaktoren Magnesium, Vitamin D3 und Zink zu denken. Ein etwaiger Mangel sollte nachgewiesen und gezielt ausgeglichen werden, um den therapeutischen Benefit der drei Biofaktoren nutzen zu können.

Weitere Informationen zu den genannten und anderen Biofaktoren finden Sie hier.

Besteht der Verdacht, dass Sie oder Ihre Patienten unter einem Mangel an ausgewählten Biofaktoren leiden? Machen Sie den Biofaktoren-Check und finden Sie Ihr persönliches Risiko heraus.

Lesen Sie auch das Review:

J. Frank, K. Kisters, OA. Stirban, S. Lorkowski, M. Wallert, S. Egert, MC. Podszun, JA. Pettersen, S. Venturelli, HG. Classen, J. Golombek.:

The role of biofactors in the prevention and treatment of age-related diseases. Biofactors 2021, 47: 522-550, IF 6.113

https://iubmb.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/biof.1728

 

Literatur:


(1) Khoshbakht Y et al. Vitamin D Status and Attention Deficit Hyperactivity Disorder: A Systematic Review and Meta-Analysis of Observational Studies. Adv Nutr 2018 Jan 1; 9(1): 9–20

(2) Hemamy M et al. The effect of vitamin D and magnesium supplementation on the mental health status of attention-deficit hyperactive children: a randomized controlled trial. BMC Pediatr 2021 Apr 17; 21(1): 178

(3) Dehbokri N et al. Effect of vitamin D treatment in children with attention-deficit hyperactivity disorder. World J Pediatr 2019 Feb; 15(1): 78­–84

(4) Mohammadpour N et al. Effect of vitamin D supplementation as adjunctive therapy to methylphenidate on ADHD symptoms: A randomized, double blind, placebo-controlled trial. Nutr Neurosci 2018 Apr; 21(3): 202–209

(5) Liebscher DH et al. Magnesiummangel und -therapie bei ADHS. Empfehlungen der Gesellschaft für Magnesium-Forschung e.V. Nieren- und Hochdruckkrankheiten 2011; 40(3): 123­­­–128

(6) Effatpanah M et al. Magnesium status and attention deficit hyperactivity disorder (ADHD): A meta-analysis. Psychiatry Res 2019 Apr; 274: 228–234

(7) Hemamy M et al. The effect of vitamin D and magnesium supplementation on the mental health status of attention-deficit hyperactive children: a randomized controlled trial. Pediatr 2021 Apr 17; 21(1): 178

(8) Bilici M et al. Double blind, placebo-controlled study of zinc sulfate in the treatment of attention deficit hyperactivity disorder. Prog Neuropsychopharmacol Biol Psychiatry 2004; 28: 181–190

(9) Akhondzadeh S et al. Zinc sulfate as an adjunct to methylphenidate for the treatment of attention deficit hyperactivity disorder in children: A double blind and randomized trial. BMC Psychiatry 2004; 4: 1–6